Das Thema Fusion vs. Polizei (wir berichteten) nimmt weitere groteske Formen an. Nun sind Informationen und Unterlagen der Polizei aufgetaucht, die aufzeigen, dass die Polizei sich seit Monaten auf eine Konfrontation vorbereitet. Zudem wurden interne sensible, personenbezogene Unterlagen aus dem Genehmigungsverfahren der Veranstalter mit Klarnamen einsehbar weitergeben. Ein klarer Verstoß gegen Datenschutzrichtlinien.
Es wurde im Vorfeld bereits Größeres geplant
Der Zeit Online liegt ein Polizeipapier vor, aus dem hervorgeht, dass die Polizei weit mehr plant, als nur eine Polizeiwache auf dem Festival.
So sieht es ein Einsatzkonzept der Polizei vor, das ZEIT ONLINE vorliegt und auf den 12. März dieses Jahres datiert ist. Demnach sollen zeitgleich etwa 100 Beamte, uniformiert und in zivil, auf das Gelände geschickt werden – rund um die Uhr im Schichtsystem. In der Nähe wird nach Plan außerdem eine Beweis- und Festnahmeeinheit der Bereitschaftspolizei positioniert. Die ist laut Mecklenburg-Vorpommerns Polizei vor allem auf Großveranstaltungen im Einsatz, „bei denen Auseinandersetzungen zu erwarten sind“. Hinzukommen sollen laut dem Einsatzkonzept weitere Beamte einer Einsatzhundertschaft, die den Verkehr regeln und bei Bedarf ihre Kollegen auf dem Festival unterstützen. Die Polizeiführung geht davon aus, in der Nähe des Geländes etwa 1.000 Polizisten unterbringen zu müssen.
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Auch Räumpanzer und Wasserwerfer sollen laut Einsatzkonzept außerhalb des Festivals bereitstehen, ebenso eine Gruppe TMÖL (Technische Maßnahmen Öffnen und Lösen) – Beamte, die normalerweise Demonstrantinnen losschneiden, die sich in Gleisbetten angekettet haben, etwa bei Protesten gegen Castortransporte. Sogar die Bundeswehr soll eingesetzt werden: Soldaten sollen eine Zufahrt zum Polizeicamp bauen. Zivilkräfte der Polizei würden „offene und verdeckte Aufklärungsmaßnahmen durchführen“, außerdem sollen die sozialen Medien ausgewertet werden, um „geplante Provokationen und Behinderungen des Polizeieinsatzes frühzeitig erkennen zu können“.
Quelle: Zeit Online
Auf diese neuen Informationen reagierte der Veranstalter mit Entsetzen.
Es scheine, „als ob die Polizei jeglichen Bezug zur Realität verloren hätte“, plane sie doch „wie bereits seit Monaten vermutet allen Ernstes einen Polizeieinsatz mit bürgerkriegsähnlichen Szenarien gegen ein Kulturfestival mit friedlichen Gästen aus der ganzen Welt“.
Quelle: Zeit Online
Das Interessante an dem vorliegenden Einsatzkonzept ist zudem, dass bereits im Februar Einsatzkräfte und Technik angefordert wurden. Dies erfolgte noch bevor am 28. Februar der Veranstalter die erste Version des Sicherheitskonzeptes vorgelegt hatte, die dann kritisiert wurde. Offensichtlicher kann man die Absichten der Polizei gar nicht darstellen und beweisen nur, was im Vorfeld vermutet wurde. Hier wird vom Polizeipräsidenten Hoffmann-Ritterbusch eine Agenda verfolgt, welche absolut Realitätsfern ist.
Sensible Daten weitergegeben
Es gibt noch eine weitere skandalöse Sache, die ebenfalls mit dem Fusion Festival zu tun hat. Es scheint wohl so, dass sich die Polizei bereits seit Monaten mit einer möglichen Konfrontation auf dem Festival beschäftigt. Denn abseits, des vorliegenden Einsatzkonzept existiert auch eine Bachelorarbeit über das Festival, die von Januar bis April 2019 an der Polizeifachhochschule in Güstrow geschrieben wurde. Wie Zeit Online vom Prüfungsamt der Fachhochschule bestätigt wurde, ist diese wissenschaftliche Analyse auf Anregung des Polizeipräsidiums Neubrandenburg verfasst worden. Und Überraschung dem Prüfungsamt der Fachhochschule steht Hoffmann-Ritterbusch vor und ist Mitglied im Kuratorium der Fachhochschule.
Der Skandal ist aber in diesem Zusammenhang vor allem, dass Unterlagen, wie das Sicherheitskonzept des Fusion-Veranstalters, offenbar von den Behörden dafür zur Verfügung gestellt wurden. Die dort enthalten sensiblen Daten wie Namen und Telefonnummern vom Veranstalter und Mitarbeitern des vor Ort zum Einsatz kommenden privaten Ordnungsdienste, lagen ungeschwärzt vor. Ein klarer Verstoß gegen Datenschutzrichtlinien. Diese sensiblen Unterlagen gelangten so auch an den Betreuer der Bachelorarbeit, Ulf-Theodor Claassen, einen Dozenten für Einsatzlehre ehemaliger AfD-Politiker. Dass nun viele er beteiligten linken Gruppen misstrauisch sind, dass ihre Daten eventuell zweckentfremdet würden, dies ist nachvollziehbar.
Hoffen auf eine Lösung
Das alles ist ziemlich starker Tobak. Dennoch ist der Veranstalter weiter zu Gesprächen mit der Polizei bereit.
„Trotz allem, was wir jetzt erfahren müssen, stehen wir natürlich weiter zu unserem Kompromissangebot.“ Die Veranstalter wünschten sich, „zu einer konstruktiven und vertrauensvollen Zusammenarbeit mit der Polizei zurückzukommen“.
Quelle: Zeit Online
Es bleibt also weiterhin spannenden, wie sie die Sachlage weiter entwickeln wird. In den letzten Wochen bekam das Fusion Festival zumindest viel Zuspruch. Nicht nur aus der Szene, sondern es kam auch Rückendeckung von den Bewohnern von Lärz, dessen Bürgermeister und des ehemaligen Leiters der Polizeiinspektion Neubrandenburg Siegfried Stang, der das aktuelle Vorgehen der Polizei nicht nachvollziehen kann.
Link: Zeit Online – Polizei rüstet sich für Großeinsatz
Link: Siegfried Stangs Stellungnahme zum Fusion-Festival
Link: Demo für die Fusion in Lärz